Es ist 14:23 Uhr. Ich bin gegen 13:30 Uhr in Santiago angekommen. Ich will ehrlich sein. Weinen kann ich nicht gerade, aber es ist ein emotionaler Moment. Ich stand also daneben der Kathedrale und war einfach nur überwältigt. Ich bin angekommen. In Santiago. Nach 178 Tagen. Das ging mir durch den Kopf. Ich bin hier. Ich bin wirklich hier. Wowwww. Ich habe es geschafft. Wer kann das eigentlich glauben? Weiter unten sah ich wieder Nuria. Wie kann das eigentlich sein? Fast zur selben Zeit. Was bedeutet das eigentlich? Ich verstehe es nicht. Naja, wie dem auch sei. Nach einem gemeinsamen Foto ist sie dann ins Büro verschwunden, um sich das Zertifikat zu holen, das wir Pilger bekommen, die den Weg laufen. Ich bin dann später auch dahin gegangen. Ich will jetzt auch nicht mehr so viel schreiben. Am Handy macht es mir auch keinen Spaß. Ich brauche eine gute Tastatur. Das weiß ich. Ich habe nur jetzt keine. Muss mit dem arbeiten, was ich habe. Ich werde deswegen die Emotionen weglassen. Bei Seite schieben. Was ich aber sagen will, wie auch schon vorhin zu Beginn. Es ist ein sehr emotionaler Moment. Plötzlich ist man da. Man ist angekommen. Man kann es nicht begreifen. Aber man ist da. Stehe vor der berühmten Kathedrale. Ich brauche mal etwas Zeit für mich. Ich mache ein paar Atemübungen und ein paar Fotos. Das hilft sehr gut, um sich zu erden. Morgen geht es weiter nach Finisterre. Dann nach Muxia. Ist es zu schnell? Sollte ich erstmal ruhen? Ich weiß es nicht. Ich will weiter. Ans Meer. So habe ich es gestern beschlossen. Vielleicht auch eine Runde schwimmen, im kalten Wasser sich abkühlen. Der Weg war nämlich lang genug, ich bin heißgelaufen. Überhitzt. 2541 km. Vom 14. Juli 2023 aus. Die Maschine muss nun etwas gekühlt werden. Nein, natürlich nicht. Spaß am Rande. Aber, wenn man Zeit hat, macht der Pilger genau diese Runde. Sucht seine Muschel in Muxia. Dann läuft er, der Pilger, wieder heim oder fliegt, fährt nach Hause, aus der Richtung, wo er gekommen ist. Ich bleibe erstmal in Spanien. Vielleicht werde ich reflektieren, was Neues schreiben, was ergänzen, das Geschriebene überarbeiten, korrigieren. Vielleicht auch nicht. Das weiß ich alles nicht. Das wird sich alles dann zeigen, mir offenbaren, in welche Richtung sich mein Ich bewegen wird oder bewegen möchte, vielleicht sogar bewegen sollte. Ideen habe ich, gibt es, zum Glück, was für ein Segen, um in Spanien etwas zu probieren und zu machen. Um die Zeit, die man hat, sinnvoll zu nutzen und nicht planlos zu vergeuden. Halleluja. Let’s Do IT.
In der Albergue, in der ich jetzt bin, sind auch Luka und Stella aus Taiwan. Beide kenne ich schon seit Saint Jean Pied de Port, zumindest Stella. Mit Luka bin ich das erste Mal in Zubiri ins Gespräch gekommen. Beide sind sehr nett. Sie laden mich zum gemeinsamen Abendessen ein hier in der Albergue. Luka hat einen speziellen taiwanesischen Salat zubereitet. Erklären kann ich es nicht. Er besteht aus verschiedenen Zutaten wie Thunfisch, Ei, Äpfel, Orangen und anderen Bestandteilen und wird warm gegessen. Er sagt selber, es ist weird (engl.), süß, sauer, komisch halt, aber der Salat schmeckt. Wir unterhalten uns gut. Später tauschen wir Nummern aus. Zudem, was interessant heute war. An der Rezeption arbeitet Sennja. Wir unterhielten uns zu Beginn in Englisch. Dann, irgendwann später, nachdem ich eingecheckt bin, entscheide ich mich nochmals in die Gemeinschaftsküche zu gehen, um einen Kaffee zu trinken. Durch eine Art Zufall. Ich wollte gerade einen weiteren Kaffee trinken, hatte aber keine 80 Cent klein. Frage ich sie, ob sie mir fünf Euro klein wechseln könnte. Beim Zählen des Kleingeldes höre ich raus, dass sie auf Russisch zählt. Ich war verwundert und traute meinen Ohren nicht. Sofort sprach ich sie in meiner Muttersprache über meine Verwunderung an, und wir unterhielten uns eine gute Weile auf Russisch. Ich war hocherfreut. Ich glaube, sie fand es auch schön. Sie kommt aus der Ukraine und erzählte ihre Geschichte, wie sie über Ecken und Kanten als Flüchtling nach Spanien kam. Sie ist mit ihrer Tochter hier und lebt mit einer spanischen Familie. Sie spricht Englisch und mittlerweile gutes Spanisch und das nach zwei Jahren!!! Auch bin ich mit einem Deutschen mit dem Namen Franz ins Gespräch gekommen, der seit 40 Jahren in Portugal wohnt. Er betreibt, wenn ich das richtig verstanden habe, eine eigene Solarfirma in Portugal. Ich solle mal vorbeischauen, wenn ich in der Nähe bin, meinte er nur. Auch begegneten mir mehrfach zwei Koreaner aus Südkorea, bis wir letztendlich dann ebenfalls die Nummern ausgetauscht hatten. Verrückt irgendwie ist das schon alles. Wie viele tolle, einzigartige Begegnungen man auf dem Weg erlebt. Der pure Wahnsinn, einfach. Man kann nicht immer alles in Worte fassen, für manches komme ich nicht dazu, es schriftlich festzuhalten. Dadurch bleibt manches für immer unter Verschluss oder taucht irgendwann zum späterem Zeitpunkt wieder auf. Wir werden sehen 🎁.
🏃♂️Schritte: 19104
🏡Übernachtung: Albergue
💶Ausgaben:
2 € – 2x Kaffee am Automaten
1,50 € – Kaffee
15,30 € – Restaurant, Kaffee, Tortilla, 2xApfelkuchen
13€ – Zertifikat km, Verpackung, Socken, Schlüsselanhänger
16 € – Übernachtung
47,80€ – Gesamtbetrag
2 Antworten auf „178. Tag – Tour v. Lavacolla bis Santiago – ca. 10km – Finale 🎉😌🌥️“
Congratulation Jakob
Danke Philipp 🙏