Es ist 12:35 Uhr. Ich bin im Bus nach Barcelona. Es ist schrecklich, die Nacht im Bus zu verbringen. Richtig liegen kann man nicht. Richtig schlafen kann man nicht. Es ist unbequem und ungemütlich. Kurz gesagt, einfach nur schrecklich. Jetzt geht’s aber auch schon wieder, wenn man nicht schlafen muss. Einfach nur sitzen ist okay. Vorhin bei einer Pause trank ich sofort zwei Kaffeetassen und dazu eine Napolitano (Blätterteig mit Schokolade) und dazu ein Stück Tortilla. Das Wetter war am Morgen schön sonnig, und nun ist es vernebelt. In ca. 2 Stunden erreiche ich Barcelona. Mit dem nächsten Zug fahre ich direkt weiter nach Amposta, nähe Deltebre, und werde voraussichtlich gegen 18 Uhr ankommen.
Nachtrag:
Tanja und ihre Tochter haben mich vom Bahnhof in L’ampolla abgeholt und nicht in Amposta. Mit einer herzlichen Umarmung begrüßten wir uns. Ich machte mir schon Sorgen, weil der Zug fast eine halbe Stunde Verspätung hatte. Das macht aber nichts, sagte sie. Alles in Ordnung. Die Aussicht aus dem Zug war schön; ich hatte einen Fensterplatz und sah öfters das Meer. Ein faszinierender Anblick. In Deltebre angekommen, zeigte mir Tanja die grundlegendsten Dinge, die ich über das Haus wissen sollte. Dann verabschiedete sie sich und verschwand in der Dunkelheit. So, jetzt bin ich angekommen. Wie geht es weiter? Im Kühlschrank gab es noch Wein und Bier von den Inhabern, meinen Eltern, hinterlegt. Ich entschied mich für ein Glas Rotwein, zündete den Kamin an und setzte mich erstmal eine lange Zeit. Wie sollte es indessen weitergehen? Ging mir wieder durch den Kopf. Viel machen möchte ich zudem eh nicht mehr. Warum auch? Und was sollte es sein? Zum einen bin ich logischerweise durch die Fahrt müde, zum anderen ist es nicht gerade früh, um etwas zu machen. Also, Kamin, Rotwein und ab ins Bett? Dem war aber nicht so, nicht zumindest gleich. Es erwartete mich später am Abend eine kleine Überraschung. Es klopfte plötzlich am Fenster. Wer kann das jetzt sein? Ich meldete mich mit einem lauten „Jaaaaa?“ – wie halt die Deutschen sind – und öffnete das Fenster. Ich konnte aber niemanden erkennen. Ich sagte aber einen Moment und ging einfach raus. Dann sah ich einen Haufen Menschen. Die Polizei. Oh mein Gott, dachte ich, auch das noch. Von weitem sagte ich, um die Sache zu entschärfen, „I am the son“ auf Englisch. Als ich mich näherte, sah ich zwei Polizisten, etwas Uniformiertes, und zwei weitere Menschen. Zivilisten? Keine Ahnung. Vielleicht die Nachbarn. Weiß nicht. Es hat sich dann herausgestellt, dass die Nachbarn in Sorge, direkt gegenüber, die Polizei alarmiert hatten, weil sie dachten, es würde ins Haus eingebrochen. Das passiert hier nämlich hin und wieder, hörte ich raus. Ich sah aber auch, dass es ihnen irgendwie jetzt peinlich war. Die Polizei verlangte dennoch meinen Ausweis, um sicherzugehen, dass es so ist, was ich da sagte. Ich holte schnell meinen Ausweis und kam wieder zurück. Dabei hatte ich den Ausweis in meiner Brusttasche. Also schnell wieder zurück. Die Polizei machte ein Foto vom Ausweis und fragte mich, wie ich hierhergekommen bin, weil kein Auto im Hof steht. Ich sagte nur, dass ich gerade vom Camino zurück bin und kein Auto habe, bzw. mit Bus und Zug unterwegs war. Sie nickten verständlich und entschärften die Situation, indem sie von vermehrten Einbrüchen in der Gegend sprachen, und verschwanden wieder. Ich sagte nur „OK. Kein Problem“ und versuchte auf Spanisch mit den Nachbarn ins Gespräch zu kommen, indem ich fragte, wie sie heißen (Carmen und Paco, glaube ich, hatte ich verstanden) und stellte mich selbst vor und wünschte ihnen eine gute Nacht. Dann sind alle wieder, mich eingeschlossen, in ihre Häuser gegangen. Wow, was für ein Abend und was für Nachbarn. Ich hätte mich wahrscheinlich erst bei ihnen melden müssen und dann erst ins Haus gehen. Nun gut, jetzt ist es halt passiert. Zu spät. Man kann sich aber glücklich schätzen, dass man so Nachbarn hat, die mit einem wachsamen Adlerauge ausgestattet sind. Dachte ich mir jedenfalls. Auch wenn es erstmal doof ist für alle Beteiligten.
💶Ausgaben:
3,50€ – Kaffee + Napolitano
3,20€ – Kaffee + Tortilla